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Südamerika urteilt seine ehemaligen Diktatoren ab

Im Juni 1973 zerstörte der Präsident von Uruguay, Juan Maria Bordaberry, die Demokratie in der einstigen Schweiz Südamerikas und verwandelte den Rechtsstaat in eine dunkle Folterkammer. Die Militärdiktatur dauerte bis 1985 an. Jetzt wurde der ehemalige Staatschef von einem Gericht in der Hauptstadt Montevideo wegen der Ermordung und Entführung politischer Gegner sowie des Angriffs auf die Verfassung zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt.

Wegen Probleme mit seiner Gesundheit steht der inzwischen 81 Jahre alte Bordaberry allerdings nur unter Hausarrest. Auch der ehemalige Machtinhaber Gregorio Álvarez und weitere Spitzenfunktionäre der Schreckensherrschaft sind lediglich zu Hausarrest verurteilt worden. Gegen viele Politverbrecher und vor allem für deren Opfer kamen die Schuldsprüche der Justiz in Uruguay zu spät. Aber sie gehören dennoch zu einem unübersehbaren Trend in Südamerika, erfolgreich die düstere Vergangenheit in einzelnen Ländern gerichtlich aufzuarbeiten.

So wurden beispielsweise in Argentinien Amnestiegesetze, die den früheren Machthabern Gerichtsverfahren ersparten, gekippt und Prozesse neu aufgerollt. Zwischen den Jahren 1976 und 1982 verschwanden bis zu 30.000 Oppositionelle, die in Foltergefängnissen starben oder von Flugzeugen aus ins Wasser geworfen wurden. Einige der Folterknechte und Piloten müssen sich jetzt für ihre Untaten vor Gericht verantworten. Auch der frühere Diktator von Argentinien, Jorge Videla, wird jetzt wegen dreißigfachen Mordes, 552 Entführungen und 264 Fällen schwerer Misshandlungen, angeklagt.

In Argentinien und Uruguay sind heute ehemalige Oppositionelle und Aktivisten der Stadtguerilla an der Macht, während die ehemaligen Diktatoren auf der Anklagebank sitzen. Brasilien dagegen tut sich noch immer schwer damit, die Verbrechen aufzuklären, die währen der Militärdiktatur zwischen 1964 und 1985 verübt wurden, da sich die Armee gegen eine Wahrheitskommission sträubt. Der brasilianische General Maynard Marques des Santa Rosa sagte über die Mitglieder der Kommission: „Sie sind dieselben Fanatiker, die den Terror und die Entführung Unschuldiger als Mittel zur Bekämpfung des Regimes verwendet haben.“ Nach dieser Aussage musste er immerhin zurücktreten.

In Chile stieg die Sozialistin Michelle Bachelet als Präsidentin zur populärsten Politikerin des Landes auf, nachdem sie während der Diktatur von Augusto Pinochet, die von 1973 bis 1989 dauert, gelitten hatte. Sie hat ein Museum errichten lassen, das an die Grausamkeiten der Militärchunta in Chile erinnert. Der greise Diktator starb allerdings, ohne in Chile bestraft worden zu sein. Ihr Nachfolger im Präsidentenamt, Sebastián Piñera, macht bis jetzt keine Aussagen darüber, ob und wie er die dunkle, politische Vergangenheit von Chile aufarbeiten möchte.